Der schönste Tag im Leben – die Hochzeit. Da wird geplant, eine Location ausgesucht, ein Wedding-Planner organisiert, die Gästeliste und die Sitzordnung zehn Mal geprüft und neu arrangiert. Am Ende alles in der Hoffnung, dass dieser „schönste Tag im Leben“ einmalig sein wird.
…die Hoffnung…bekanntlich…na, ihr wisst schon.
In unserem Leben ist fast nichts wirklich EINmalig. Es gibt zwei Extreme, die nicht wiederholt werden können. Die Geburt und der Tod. Dazwischen haben wir ein ganzes Leben lang zweite, dritte und vierte Chancen. Wir selbst entscheiden, welche wir nutzen. Wir selbst entscheiden, welche wir feiern. Mit wem. Und wann. Das ganze Leben ist ein Fest. Wie herrlich wunderbar!
Ist das nicht Grund genug, zu feiern? Das Leben selbst? EIN Leben zu feiern, von Anfang bis Ende?
Auf jeden Fall, finden wir!
Das Fest eines Lebens – ein Lebensfest. Und das ist wirklich einmalig.
Drehbuch für den Abschied – ein Letzte-Reise-Führer
Das hier ist die Reise von Christin. Ihre Geschichte zu ihrem Lebensfest. Ich, ihre Tochter, darf sie hier erzählen.
Christin liebte ihren Garten, liebte es, den Blumen beim Wachsen und Gedeihen zuzusehen. Nicht so sehr liebte sie die „Familie Krebs“, wie sie sie nannte. Die wuchs in ihrem Körper, gedieh prächtig, als wäre sie gedüngt worden. Mit Mist. „Davon hab‘ ich jede Menge im Kopf“, verkündete sie stolz. Und den nutzte sie. Düngte mit ihm die Ideen für ihr Lebensfest. Sie hatte jedes Jahr ein Gartenfest gegeben. Aber dieses Jahr sollte es groß, unvergleichlich, unvergesslich werden. Wir baten LEO um Hilfe und Markus kam. Brachte ihr Blumen, setzte sich an ihr Krankenbett. Spann mit ihr ihre Ideen weiter.
Ich war dabei, habe alles mitgehört. Und am Ende wusste Markus doch viel besser, wie Christins Fest sich anfühlen sollte. Dafür muss man vielleicht wissen, dass Markus früher Zauberkünstler war. Als Magier auf der Bühne stand. Er hat bis heute Asse im Ärmel, kann mit seiner Arbeit verzaubern.
Es gab eine lange Tafel quer durch den Garten, an der alle Freunde Platz fanden. Tischdecken aus Nessel, weil das Material in ihrem Beruf als Schneiderin die Basis aller Entwürfe gewesen war. Ein Meer aus Christins liebsten Blumen. Bunte Bänder im erleuchteten Kirschbaum. Seifenblasen und Sonnenschirme. Kerzenflammen tanzten über der Tafel, so wie es die Tänzer mit ihren Kleidern getan hatten. Im Feuerring – das Ass, das Markus gezückt hatte – knisterte es wärmend.
Wir haben geweint, gelacht, gegessen und getrunken – das alles und sehr viel davon. Bis morgens um vier haben wir über dem Lagerfeuer Marshmallows geröstet. Niemand wollte gehen. Irgendwie warteten wir alle darauf, dass Christin die Treppe hinunter in den Garten kommen und mit uns feiern würde. Es fühlte sich so an, als wäre sie nur kurz noch eine Flasche Sekt holen gegangen.
Es war das Fest ihres Lebens. Wie eine Umarmung, die sie uns zum Abschied gab, als sie schon
gestorben war. Nichts hätte tröstlicher sein können.